Schluss mit der „Beglückungs-Gesetzgebung“: TAE warnt vor wachsender Überregulierung auf EU-Ebene
Europa steht politisch an einem Wendepunkt. Immer häufiger begegnet die EU vermeintlichen gesellschaftlichen Risiken nicht mit Eigenverantwortung und marktwirtschaftlichen Mechanismen, sondern mit präventiver Regulierung. Aus Schutz wird schrittweise staatliche Vorentscheidung. Zwei aktuelle Gesetzgebungsvorhaben – der Digital Fairness Act und die sogenannte CSA-Verordnung („Chatkontrolle“) – zeigen beispielhaft, wie sich diese Entwicklung zunehmend in den Alltag von Bürgern und Unternehmern hineinverlagert.
Der Digital Fairness Act (https://www.digital-fairness-act.com/). soll verhindern, dass die „Verwundbarkeit“ einzelner Personen ausgenutzt wird. In der Praxis führt dieses Prinzip jedoch dazu, dass digitale Werbung für bestimmte Personengruppen automatisiert unterdrückt wird. Stellen Sie sich vor, jemand befindet sich nach einem Trauerfall auf der Suche nach einem Floristen, Trauerredner oder Dienstleister. Genau in diesem Moment kann die Plattform diese Person als „emotional verletzlich“ einstufen und die Anzeige ausblenden – nicht aus eigener Entscheidung, sondern weil sie aufgrund der gesetzlichen Haftungsregeln verpflichtet ist, das Risiko zu minimieren. Die Werbung verschwindet also nicht, weil der Unternehmer sie nicht anbieten dürfte, sondern weil die Plattform sie aus Vorsorge nicht mehr ausspielen kann. Reguliert wird damit nicht Missbrauch, sondern bereits der Zugang zwischen Anbieter und Nachfragendem – mit Folgen für Sichtbarkeit, Wettbewerb und Marktmechanismen.
Noch gravierender ist die CSA-Verordnung https://www.bfdi.bund.de/DE/Fachthemen/Inhalte/Telemedien/CSA_Verordnung.html, besser bekannt als „Chatkontrolle“. Ihr offizielles Ziel – der Schutz von Kindern vor sexuellem Missbrauch – ist unbestritten legitim. Die dafür vorgesehene Technologie, sogenanntes Client-Side-Scanning, bedeutet jedoch, dass Bilder und Dateien bereits auf dem Endgerät durchsucht werden, bevor sie verschlüsselt übertragen werden. Dadurch entsteht eine dauerhafte Durchleuchtungsinfrastruktur für sämtliche Nutzer, unabhängig von Verdachtsmomenten. IT-Sicherheitsexperten warnen, dass eine solche Architektur nicht nur Verschlüsselung untergräbt, sondern auch ein erhebliches Missbrauchsrisiko schafft – denn was als Kinderschutz beginnt, kann technisch später ausgeweitet oder zweckentfremdet werden. Aus einer Schutzmaßnahme entsteht so die Möglichkeit struktureller Kontrolle.
Diese beiden Vorhaben stehen exemplarisch für einen politischen Trend: Der Staat verschiebt die Grenze zwischen Vorsorge und Eingriff immer weiter nach vorne. Bürger werden nicht mehr primär als mündig betrachtet, sondern als potenziell schutzbedürftig und zu regulierende Objekte. Unternehmer wiederum geraten unter Generalverdacht, Risiken zu erzeugen, die präventiv abgefangen werden müssen. Auf diese Weise verändern sich Freiheitsverständnis, Marktordnung und staatliche Verantwortungslogik – ohne dass diese Entwicklung offen politisch diskutiert wird.
Um die Balance zwischen Schutz und Freiheit zu wahren, braucht es jetzt klare Leitplanken in der Gesetzgebung:
- Gesetzesfolgeabschätzung:
Kein Gesetz sollte verabschiedet werden, ohne eine transparente, stringente und umfassende Folgenabschätzung für Bürger und Unternehmen. - Klare Zielsetzung von 25 % Bürokratieabbau:
Neue Regulierung darf nicht parallel zu bestehenden Entlastungsversprechen wachsen. Wirtschaftliche Erholung braucht reale, nicht nur rhetorische Entlastung.
Laut EUR-Lex waren es alleine von Januar bis jetzt im Oktober 2025 schon 1.835 Rechtsakte der EU! Davon hat die Kommission den Löwenanteil zu verantworten! Quelle: - Ein klares Bekenntnis zur freien Marktwirtschaft:
Der Staat ist kein Unternehmer. Präventive Eingriffe in Marktentscheidungen dürfen nicht zum neuen politischen Normalfall werden. - Mehr EU wo nötig – weniger EU wo möglich:
Die EU soll dort stark sein, wo sie echten Mehrwert schafft – und sich zurücknehmen, wo sie private oder wirtschaftliche Entscheidungen ersetzt. Es zählt das Subsidiaritätsprinzip.
Die Ausgestaltung des Digital Fairness Act und der CSA-Verordnung ist noch nicht abgeschlossen. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt für politische Korrekturen, bevor Schutz zur Dauerregulierung und Vorsorge zur schleichenden Entmündigung und Kontrollwahn wird.
Brüssel/München, 23. Oktober 2025
Rudolf G. Maier, Pressesprecher



