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Überarbeitung der Tabakverbrauchsrichtlinie (TED) - Bedenken ernst nehmen. TAE fordert Überarbeitung und valide Gesetzesfolgenabschätzung

Die Europäische Steuerzahlerorganisation (Taxpayers Association of Europe (TAE) blickt mit großer Sorge auf die Überarbeitung der Tabakverbrauchsrichtlinie (TED), insbesondere hinsichtlich der damit verbundenen drohenden Preissteigerungen durch erhöhte Verbrauchssteuern auf Tabak- und Nikotinprodukte, wie es jüngst durch Berichte in den Medien und im Internet geleakter Papiere bekannt wurde.

Wir sind sehr verwundert, dass die Kommission scheinbar den unseres Erachtens ausgewogenen und pragmatischen Ansatz, wie im Entwurf von 2022 skizziert, aufgeben will. Denn überhöhte Preise führen nicht nur zu einer Verzerrung der Märkte, sie begünstigen zudem Schattenwirtschaft, führen damit zu Steuerausfällen und untergraben letztendlich die Ziele der öffentlichen Gesundheitspolitik. Vor allem können wir die diesbezügliche Gesetzesfolgenabschätzung (Impact Assessment) nicht nachvollziehen. Weder für Großbetriebe noch für KMU. Denn beide würden direkt (Hersteller) als auch indirekt (Zulieferer) durch die vorgesehenen teils exorbitanten Steuerhöhungen unverhältnismäßig hoch belastet. Wenn, um nur ein Beispiel zu nennen, die vorgesehene Erhöhung der Mindeststeuer bei Zigarren/Zigarillos so käme, würde dies einen Anstieg von 12€ auf 143€ - also annähernd 1.100 Prozent - bedeuten! Dies wäre für die mittelständisch geprägte Zigarrenindustrie in Deutschland und in Europa nicht mehr umsetzbar und hätte gravierende Auswirkungen auf die damit verbunden Arbeitsplätze in Europa sowie in Drittstaaten. Dies würde des Weiteren der von der EU-Kommission eingeleiteten Trendwende in der Wirtschaftspolitik zuwiderlaufen.

Eine derartige Erhöhung der Tabaksteuer birgt latent die Gefahr von einem massiven Anstieg der Schattenwirtschaft und damit mehr illegalem Handel sowie letztendlich nationalen Steuerausfällen. Laut Schätzungen (KPMG-Report) beträgt der Steuerausfall in der EU bei Tabakprodukten schon heute pro Jahr rund 19,4 Mrd. Euro. Als warnende Beispiele sind Frankreich und die Niederlande zu nennen: In Frankreich blüht nach der Tabaksteuererhöhung der Schwarzmarkt, was zu Steuerausfällen von über 9,4 Mrd. Euro im Jahr führt. Ebenso verhält es sich in den Niederlanden, wo dem Fiskus pro Jahr mehr als 860 Mio. Euro entgehen. Es wäre angesichts dieser Zahlen ein Trugschluss zu glauben, dass die Verbraucher nicht preissensibel sind. Sie kaufen dann eben dort ein, wo sie ihre Produkte billiger bekommen, legal oder sogar illegal.

Ebenso sollten die Auswirkungen auf die Produzenten in der EU nicht bagatellisiert werden. Denn in Ländern wie Italien, Griechenland, Bulgarien, Kroatien und Polen bauen Tausende von Familien seit Generationen Tabak an. Nicht aus Überzeugung, sondern weil der Boden nichts anderes hergibt. Sandiger, trockener, nährstoffarmer Boden – ungeeignet für Weizen oder Gemüse, aber ideal für Tabak! Auch dieser Aspekt sollte bei einer Reform der Tabakrichtlinie berücksichtigt werden.

Um Schaden abzuwenden sollten aus Sicht der TAE nachfolgende Punkte bei der anstehenden Überarbeitung der Tabakrichtlinie betrachtet werden:

  • Sicherstellung der richtigen Verhältnismäßigkeit (Proportionalität) der Besteuerung: Alle potenziellen Veränderungen der bereits veröffentlichten Mindestsätze für 2022 sollten den schadensbasierten Besteuerungsansatz beibehalten. Der Preis ist für Verbraucher ein wichtiger Grund umzusteigen auf weniger schädliche Produkte. Neue Produkte sollten deshalb nicht mit einem Steuersatz besteuert werden, der sich an brennbarem Tabak , also Zigaretten, annähert. Denn bei annähernder Preisgleichheit fällt dieser Grund weg. Insofern sollten erhitzte Tabakprodukte, bei denen es sich ja um Substitutionsprodukte handelt, von einer ähnlichen Verbrauchsteuerdifferenz profitieren wie E-Zigaretten. Das wäre auch deshalb wichtig, weil soweit wir es wissen, E-Zigaretten überwiegend importiert werden, wohingegen die erhitzbaren Tabakprodukte nicht nur in der EU entwickelt wurden, sondern auch in der EU hergestellt werden. Des Weiteren sollte man immer auch das Verhältnis der Kosten der Steuererhebung und des Marktanteils der jeweiligen Produkte im Blick behalten. So hat Schnupftabak einen Marktanteil von nur rund 0,1 Prozent. Obgleich es sich mehr um ein eher regional konsumiertes rauchfreies Tabakprodukt handelt, wird es schon heute stark reguliert. Wenn es hier zu einer übermäßigen weiteren steuerbedingten Verteuerung käme, wird die Produktion unrentabel und die Verbraucher werden sich andere Zugangswege suchen.
  • Vermeidung übermäßiger Steuererhöhungen: Die Anwendung des vollständigen Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI-Index) 2022–2025 auf die Steuersätze 2022 würde u. E. zu einer übermäßigen Steuererhöhung führen und zusätzliche Inflation im Markt begünstigen. Für Tabakwaren wurde bereits für 2022 eine Verdoppelung der Steuersätze vorgeschlagen, das sollte nicht überschritten werden. Im Rahmen einer Indexierungsinitiative empfehlen wir deshalb, die Kerninflation als Index zu verwenden, jedoch Ausreißer-Jahre 2022–2023 mit außergewöhnlicher Inflation auszuschließen, um eine faire und nachhaltige Anpassung zu gewährleisten, die den Markt und damit die Verbraucher nicht zu stark belasten.
  • Derzeitige Praxis der EU-Mitgliedstaaten berücksichtigen. Produktinnovationen angemessen in den Anwendungsbereich der Richtlinie einbeziehen: Insgesamt sollte angesichts der immer noch angespannten wirtschaftlichen Lage im Interesse der Verbraucher nur eine moderate Steuerbelastung angestrebt werden. Alles was an Marktprodukten und Innovationen dazu beiträgt, die Raucherquote zu reduzieren, sollte u.E. steuerlich begünstigt werden. Die derzeitige Praxis der Besteuerung erhitzter Tabakprodukte, die von der Mehrheit der Mitgliedstaaten übernommen wurde, sollte als Alternative zur Einzelbesteuerung beibehalten werden. Dies vermeidet zusätzliche Schlupflöcher aufgrund der Produktheterogenität und gewährleistet Kontinuität und Vorhersehbarkeit sowohl für die Verbraucher als auch für die nationalen Staatshaushalte. Dies war wahrscheinlich auch der Grund, dass sie wie im Jahr 2022 vorgesehen in den Geltungsbereich der TED-Richtlinie fielen und neben anderen neuartigen Nikotinprodukten eine gleichberechtigte steuerliche Behandlung erfahren. Der KPMG-Report zeigt auch, dass eine Tabakbesteuerung dann erfolgreich ist, wenn sie länderspezifisch und sensibel ausgestaltet ist. Mitgliedsstaaten, die nur EU-Binnengrenzen haben, stehen vor anderen Herausforderungen, als Länder mit EU-Außengrenzen, gleiches gilt für Länder mit Meerzugang.
  • Beibehaltung der Kaufkraftparität (KKP): Der KKP-Index ist unerlässlich, um eine faire Behandlung der Mitgliedstaaten mit ihrer unterschiedlichen Kaufkraft zu gewährleisten. Die Abschaffung dieser Anpassung würde gerade Länder in Mittel- und Osteuropa überproportional treffen und dort die Inflation sowie den illegalen Handel weiter anheizen.
  • Auswirkungen auf die Produzenten und Arbeitsplätze in der EU: Nötig ist eine umfassen Evaluation der Auswirkungen auf Produzenten und Arbeitsplätze durch die Reform der TED, also auch eine Prognose der Kosten für die durch die Reform der TED nötigen Strukturanpassungen.

Es geht darum, eine ausgewogene, faktenbasierte Überarbeitung der TED sicherzustellen, die die öffentliche Gesundheit stärkt, gleichzeitig aber die wirtschaftliche Stabilität nicht gefährdet und eine überbordende Belastung der Verbraucher bzw. Konsumenten ausschließt. Dies alles im Rahmen einer transparenten und umfassenden Gesetzesfolgenabschätzung.

Keinesfalls sollte unserer Auffassung nach die Überarbeitung der Tabakrichtlinie dazu genutzt werden, um zusätzliche neue Eigenmittel der EU zu generieren. Die Diskussion der Eigenmittel muss getrennt und ebenso transparent geführt werden und bedarf einer umfassenden öffentlichen Diskussion.

Brüssel/München, 23. Juni 2025

Taxpayers Association of Europe, Büro München:
Nymphenburger Strasse 118, D-80636 München
Tel.: +49 89 126 00 820 | Fax: +49 89 126 00 847
info@taxpayers-europe.org

Taxpayers Association of Europe, Office Brussels:
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Tel.: +32 2 588 15 20
info@taxpayers-europe.org